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Die im Alten Reich politisch bedeutsame Kurpfalz spielte auch in der Hexenverfolgung eine besondere Rolle. Im ausgehenden Mittelalter führte das Land sehr früh die ersten Hexenprozesse durch und gehörte damit zu den Vorreitern in Deutschland. Als aber um 1560 die eigentliche Zeit der großen Hexenprozesse begann, nahm die Obrigkeit der inzwischen reformierten Kurpfalz eine ausgesprochen verfolgungskritische Haltung ein. Diese blieb fortan bestimmend, war aber keineswegs unumstritten. Sie mußte gegen innere und äußere Anfechtungen verteidigt werden. Es gab Konflikte mit den Nachbarn und vor allem immer wieder Zaubereianklagen und Verfolgungsbegehren aus der Bevölkerung. Extreme Pole – tiefer Glaube und radikale Skepsis gegenüber den Hexereibeschuldigungen – wechselten sich in der Geschichte der Kurpfalz also mehrfach ab. Das Buch fragt nach den bestimmenden Kräften dieser gegensätzlichen Phasen und untersucht die scharfen Auseinandersetzungen zwischen Verfolgungsbefürwortern und ihren Gegnern sowohl im gelehrten Diskurs als auch in konkreten Hexenprozessen.
Über den Autor
Jürgen Michael Schmidt, Dr. Geboren 1967 in Stuttgart. Studium: Geschichtswissenschaft. Akademischer Rat am Institut für Geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften der Universität Tübingen. Forschungsschwerpunkte: Verfassungsgeschichte des Alten Reiches, Territorialisierung und Staatsbildung, Randgruppenforschung, Hexenverfolgung; Mitherausgeber der Reihe 'Hexenforschung' www.uni-tuebingen.de/ifgl/Bücher im Verlag für Regionalgeschichte:Geschlecht, Magie und Hexenverfolgung, 2002Dämonische Besessenheit. Zur Interpretation eines kulturhistorischen Phänomens, 2005Hexenprozess und Staatsbildung. Witch-Trials and State-Building, 2008
Inhaltsverzeichnis
EinleitungI. Teil: Das Spätmittelalter1. Erste Heidelberger Hexenprozesse 1446-14472. Kirchenmalerei3. Die weitere Prozeßtätigkeit bis 15044. Der Weg des Hexenglaubens in die KurpfalzII. Teil: Die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts1. Das Prozeßgeschehen2. Juristische Bedenken kurz vor Beginn der großen Hexenverfolgung: Franz BalduinIII. Teil: Von den 1560er Jahren bis zum Dreißigjährigen Krieg1. Verfassungsrechtliche und strafrechtliche Grundlagen2. Die Regierungszeit Friedrichs III. (1559-1576): Konfrontation mit der Verfolgungswelle der 1560er Jahre und Etablierung der verfolgungsablehnenden Haltung3. Die Regierungszeit Kurfürst Ludwigs VI. (1576-1583): lutherische Fortführung der verfolgungsablehnenden Haltung4. Die Regierungszeit Johann Casimirs (1583-1592) und Friedrichs IV. (1592-1610): Abwehr der Hexenverfolgungswelle der 1590er Jahre5. Die Regierungszeit Friedrichs V. bis zum Dreißigjährigen Krieg (1610-1623): Der Höhepunkt der verfolgungsablehnenden Haltung in der großen Bodenheimer Hexenverfolgung6. 'Ich hab [hier] eine gute Obrigkeit' – Zur Flucht von Verfolgten in die Kurpfalz7. Die Bibliotheca Palatina und die Hexen8. Die Spruchtätigkeit der Heidelberger Juristenfakultät im Hexenprozeß (1594-1625)8.1 Die Überlieferung8.2 Die Hexen9. Die Oberpfalz und die Hexenverfolgung10. Die konfessionelle Frage: Der kurpfälzische Calvinismus und die HexenIV. Teil: Der Dreißigjährige Krieg1. Die Besatzungszeit bis 1631: Konfrontation mit der großen Verfolgungswelle Ende der 1620er Jahre2. Die Zeit nach 1631V. Teil: Die Nachkriegszeit bis 1685Epilog: Hexenbeschwörung in Ziegelhausen 1783Zusammenfassender ÜberblickQuellen- und LiteraturverzeichnisOrts- und Personenindex